Dr. Bernd Faulbach

Zur Bedeutung des Baus der Mauer vor 60 Jahren

Kürzlich vertrat Hans Modrow, der letzte SED-Ministerpräsident, der als junger Parteisekretär am Bau der Mauer 1961 beteiligt gewesen war, die problematische Meinung, durch diesen Bau sei der Frieden in Europa gesichert worden. Die Mauer war kein antifaschistischer Schutzwall und die so gesicherte Grenze garantierte nicht den Frieden. Ihr Bau verhinderte, dass Menschen die DDR verlassen konnten, riss zahllose Familien auseinander und zerstörte die Einheit Berlins und auch viele Verbindungen zwischen Ost- und Westdeutschland. Anlässlich der 60. Wiederkehr des Mauerbaus haben wir der Opfer zu gedenken, derjenigen, die an der Mauer umkamen, doch auch vieler anderer, die brutal von der Mauer betroffen waren.

Die DDR konnte sich durch die Mauer scheinbar konsolidieren. Doch blieb die Mauer dauerhaft Symbol des Tatbestandes, dass beträchtliche Teile der Bevölkerung in der DDR den SED-Staat ablehnten, was schon am 17. Juni 1953 deutlich geworden war und latent eine Gefahr für das Regime jahrzehntelang blieb.

Durch die Mauer erreichte die Trennung von Ost und West in Deutschland und Europa ihren Höhepunkt. Es war vor allem Willy Brandt, der zunächst als Regierender Bürgermeister Berlins die Mauer mit Erfolg durchlässig machte. Und durch die von ihm als Kanzler eingeleitete Neue Ostpolitik gelang es ihm – unterstützt von Egon Bahr u.a. – schrittweise die Verhältnisse zwischen den beiden Staaten und den beiden Teilen Europa in einer Weise zu verändern, die konkret den Menschen half und politische Gegensätze entspannte. Logische Konsequenz dieser Ostpolitik war der KSZE-Prozess. Trotz einiger Rückschläge in den frühen 80er Jahren konnten sich durch den Wandel des Ost-West-Verhältnisses in einzelnen osteuropäischen Ländern teils Reformpolitiken, unter Gorbatschow auch in der Sowjetunion, teils aber auch Bürgerbewegungen entwickeln, die die kommunistischen Systeme reformieren oder auch überwinden wollten. Und sie hatten Erfolg.

In dieser Konstellation wurde die Vereinigung der DDR mit der Bundesrepublik möglich und begann eine gemeinsame europäische Entwicklung. Sowohl an der demokratischen Einheit in Deutschland als auch an einem gemeinsamen Europa gilt es nach wie vor engagiert zu arbeiten. Die Mauer zwischen Ost und West muss für immer der Vergangenheit angehören.